Kürzlich habe ich mir frei genommen, um in Ruhe in die Stadt zu gehen. Das konnte ich lange nicht genießen. Ich war auf der Suche nach einem Geburtstagsgeschenk für eine wunderbare junge Mutter, eins meiner Patenmädchen. Kein Spielzeug oder Babysachen, sondern etwas ausschließlich für sie. Vorher machte ich einen Abstecher in die große Buchhandlung, um nach Büchern zu den Themen Tod, Sterben, Trauer usw. zu suchen. Hab mich total gefreut, als ich das Buch „endlich.“ gefunden habe. Zwei Frauen, die unter diesem Titel einen unglaublichen Podcast zu diesen Themen herausbringen – sie haben ein Buch über das Trauern geschrieben.
Mit diesem und noch zwei weiteren Büchern (die ich nach dem Lesen ja vielleicht auch noch vorstelle) in meinem Papiertütchen setzte ich mich zu einem Frühstück ins Café von Manufactum, das es hier in Köln gibt. Die haben da das leckerste Brot. Damit, zusammen mit gutem Kaffee und den Büchern wollte ich ein bisschen dort sitzen.
Welche Wohltat: klare Worte für die Trauer
Ich habe dann sogar ziemlich lange bei Stullen und Kaffee gesessen und gelesen.
Mit dem Tod habe ich mich ja schon lange beschäftigt, siehe (Gisella und der Tod), aber das Trauern habe ich immer so ein bisschen links liegen lassen. Dabei gehört das nahezu immer zum Tod und zum Leben dazu. Wo Tod ist, ist auch Liebe, und wo Liebe ist, ist auch Trauer. Und jede:r macht seine Erfahrung damit in seinem Leben.
Die beiden Autorinnen schreiben mutig über ihre eigenen Erlebnisse. Das ist für die Leserin nicht ganz leicht. Manchmal sind mir so ein bisschen die Tränen gekommen. Zum einen, weil sie wirklich schwierige Situationen beschreiben. Zum anderen, weil ich beim Lesen sehr an meinen Vater gedacht habe und dass ich ihn gut verabschiedet habe.
Die beiden Autorinnen schreiben so ehrlich über ihre eigenen Erfahrungen, das man einfach beim Lesen nicht anders kann, als tief in das Buch einzutauchen.
Am meisten gerührt hat mich der Blick auf eine neue Trauerkultur, die ich in meinem Leben bisher nicht kannte: Tod und Trauer nicht mehr zu verstecken.
Jetzt habe ich mir vorgenommen, meine Mutter nicht nur beim Sterben zu begleiten, wenn es bei ihr soweit ist. Ich werde den Bestatter fragen, ob ich beim Waschen und Einsargen helfen darf. In Berlin gibt es offenbar einige, die das anbieten und möglich machen. Vielleicht ist das in einer westfälischen Kleinstadt anders, aber auch dort leben tolle Menschen.
Denn ich will meine Mutter nicht einfach dem Profi übergeben und als nächstes eine Urne oder einen Sarg sehen. Ich will sie berühren und dabei besser verstehen, dass sie tot ist. Begleiten. Und irgendwie auch nicht alleine lassen. Noch weiß ich nicht, ob ich das kann oder will, da bin ich doch etwas unsicher. Aber ich nehme es mir vor.
Ein Buch, das Mut zur Trauer macht
Mut zur Trauer und vor allem: zur ganz persönlichen Trauer. Denn jeder Mensch geht mit einem Verlust anders um. Und jede Art der Trauer ist völlig in Ordnung. Die Forderung in dem Buch, Trauer nicht zu pathologisieren, also als Krankheit zu sehen, gefällt mir. Selbst wenn sie die Betroffenen für eine lange Zeit aus der Bahn wirft.
Ich habe wieder viel gelernt. Über ein Gefühl, dass auch ich verdrängt habe. Über die unterschiedlichen Möglichkeiten der Trauer – und die Möglichkeiten, sich helfen zu lassen wenn man es einfach nicht schafft.
Und ich habe wieder gelernt, was Frauen bewirken können. Ich kann dieses Buch wirklich jedem Menschen empfehlen. Und denen, die trauern, ganz besonders!
Das Buch ist im Goldmann-Verlag erschienen und kostet 17 Euro
Hier der Link zum Podcast „endlich.“ https://endlich.cc/ Und ein Beitrag von arte, in dem u. a. die Autorinnen vorgestellt werden: https://www.arte.tv/…/104429-007-A/re-trauern-aber-anders/